Stufe 6 – Effektiv sein …
„Zwischen den Stimmen der Welt höre ich endlich meine eigene. Ich bin mir selbst Quelle und Kompass, aus neuer Freiheit und stärkender Tiefe gewebt.“
Was poetisch klingt, bringt massive Vorteile im Leben, sowohl im Beruf, im Privaten und am meisten in der gefühlten Lebensqualität. Hier nur ein kurzer Auszug:
Denkfähigkeit:
In E6 können wir komplexere Situationen schneller durchblicken, können die Muster in der Welt erfassen, die andere übersehen und damit strategische Vorteile erzielen.
Zielklarheit:
Wir folgen Zielen immer noch fokussiert, hinterfragen aber mit einem zusätzlichen Sinn den Sinn der Ziele, um diese anzupassen, wenn sich deren Verfolgung nicht mehr lohnt.
Entscheidungsstärke:
Wir können mehr Faktoren gleichzeitig berücksichtigen und vereinfachen die Welt nicht mehr so stark, sodass die Qualität unserer Entscheidungen steigt und wir mit weniger Risiko mehr Wirkung erzielen.
Stress-Resilienz:
Drucksituationen stressen dich weniger und diese Gelassenheit erlaubt dir den Überblick besser zu halten, wo andere hektisch und im Denken eng und angstgesteuert werden.
Wenn wir noch fast in E5 drinnen sind - was ja seinen Sinn hat - dann erscheint uns das, was E6 verspricht, unglaubwürdig oder wir bilden uns ein, dass wir das ohnehin schon können (ja, ich weiß, wovon ich rede, weils bei mir natürlich genauso war). So brillant ich damals kognitiv war, so erstaunlich geringdimensional kommt mir meine damalige Denkfähigkeit vor. Für die Forschung war das eventuell sogar vorteilhaft, doch erst später öffneten sich für mich ganz andere Türen, die alle Fähigkeiten hebelten.

Anteil erwachsener Menschen in E6
Zirka 15% der erwachsenen Menschen in Europa erreichen eine gute Integration der 6. Stufe, allerdings im Schnitt erst relativ spät im Leben, durchschnittlich eher in den 50ern. Im Verlauf der vollständigen Ausprägung dieser Stufe erlangen wir unser volles, reifes ICH – eine eigenständige Identität, die weitaus weniger von den Meinungen, der Anerkennung und Motiven anderer bestimmt wird. Wieder tauchen wir in ein paar Aspekte ein, um die Reifestufe besser zu verstehen.

Werte lenken nun unser Handeln
Von hier weg definieren wir unseren Wert nicht mehr über unsere Leistung, unser Einkommen, unser Image. Und das kann sich richtig schräg und unangenehm anfühlen, weil viele von uns Jahrzehnte ihre Leben um diese Motive herum konstruiert haben. Aber auf einmal wird uns das alles weniger wichtig! Das ist beunruhigen. Warum ist mir das alles mehr und mehr egal? Und nach was soll ich mich denn noch ausrichten? Auf was ziele ich mit meinen Entscheidungen im Leben ab?
Hier kommen nun echte Werte ins Spiel. Natürlich haben wir früher gerne behauptet Werte zu haben – starke noch dazu. Hat uns aber wer eine Abkürzung angeboten, um schneller unsere Ziele zu erreichen, waren diese Werte auf einmal nicht mehr so wichtig. Wir haben uns schöngeredet, dass andere aber auch die Abkürzung nehmen würden. Wir wären ja dämlich es nicht zu tun.
Doch in E6 handeln wollen wir unsere Energie vermehrt in sinngebende und sinnvolle Aktivitäten lenken. Angebote und Aufträge, die lukrativ sind, sind toll – aber sehen wir keinen Sinn darin, werden wir sie ablehnen, wenn wir nicht auf sie angewiesen sind.
Deswegen ist es nicht selten, dass Menschen in diesem Übergang auch eine neue Beschäftigung anstreben. Das bloße Streben nach „mehr“ (Erfolg, Geld, Status, Macht, etc.) fühlt sich immer bedeutugsloser an, verliert seine Antriebskraft.
Wir bemerken, dass sich dieser Aspekt ändert, wenn wir nicht mehr so leicht Gelegenheiten ergreifen, die uns schneller zum Ziel bringen. Wir überlegen nun auch mehr, ob das „fair“ gegenüber anderen ist und ob wir etwas tun müssten, nachdem wir uns nicht mehr so gern im Spiegel ansehen würden.
Natürlich biegen wir uns, gerade im Übergang, manchmal unsere Werte noch zurecht. Wir rechtfertigen unser wertumgehendes Handeln mit Gedanken wie: „Hätte ich es nicht gemacht, dann wärs ein anderer gewesen – dann doch lieber ich, weil ich ja eigentlich voll in Ordnung bin.“ oder „Andere würden nicht einmal zögern und es machen.“ oder „Das war vielleicht nicht ganz okay, aber ich bessere es mit einer „guten“ Tat später wieder aus.“
Ja, wir alle kennen das, wenn wir in unserer Reifung an die Grenzen der E5 gelangen und in die E6 rübertasten. Je stärker wir in E6 hineinkommen, umso mehr gewinnt unsere Werte-Stimme, umso weitsichtiger denken, agieren und fühlen wir auch.

Wir erkennen die Autonomie anderer an
So wie wir uns selbst nun viel differenzierter verstehen, unsere Bedürfnisse, Fähigkeiten, Stärken und Schwächen – und beginnen zu verstehen, wie diese entstanden sind –, so schreiben wir anderen Menschen nun auch mehr und mehr dieses reichere Innenleben zu.
Wir erkennen auch ihre Eigenständigkeit und Besonderheit viel stärker an, sodass wir diese mehr in unser zwischenmenschliches Zusammenspiel einbeziehen. Ging es mir in Stufe 5 – in aller Regel – sehr stark um mich, wenn ich in Interaktion mit anderen war, so berücksichtige ich das, was anderen wichtig ist, nun mehr und mehr. Das merkt man vor allem in der Führungsfähigkeit. Sie beginnen anders zuzuhören. Wenn wir in der E5 eher herausfiltern, was für uns jetzt wichtig ist – beginnen wir nun mehr verstehen zu wollen, warum unserer Gegenüber sich uns mitteilt. Was steckt hinter seiner Meinung – welche Erfahrungen? Was verbirgt sich hinter der starken Emotion, die wir nicht verstehen?
Können wir das in E5 nicht? Ein wenig durchaus. Das habe ich zuvor aber nur gemacht, wenn es mir selbst etwas gebracht hat. Es war mehr eine Methode, um selbst besser voranzukommen. Es geschieht selten aus einem grundsätzlichen Respekt vor den Wünschen der anderen – am ehesten natürlich bei Menschen, die einem emotional wichtig sind. Ging es mir vorher – in Wahrheit – oft mehr um mich, so kann ich nun tatsächlich andere Menschen über mich und meine Bedürfnisse stellen – sofern ich mich nicht durch diese dann ausgenutzt fühle –, es also auf Gegenseitigkeit zu beruhen scheint.
Wenn wir in E5 auf etwas verzichten, erwarten wir uns – zumindest schweigend – etwas dafür. Eine Gegenleistung oder zumindest eine ordentliche Portion Dankbarkeit. In E6 beginnen wir uns von Erwartungen etwas mehr zu lösen. Da wir jetzt wertebasierter agieren, machen wir es, weil es „das Richtige“ ist – oder zu sein scheint.

Erfolg einmal anders
Unseren eigenen Wünschen folgen wir immer noch – aber breiter. Es sind langfristigere und tiefere Bedürfnisse, die mehr Gewicht erhalten. Der kurzfristige Erfolg, Status und Wunsch nach Anerkennung verlieren ja schon etwas von ihrer Kraft auf uns. Sie verschwinden aber nicht vollständig. Doch verlagert sich unsere Wahrnehmung von Erfolg vom Tempo auf mehr Tiefe.
Mehr und mehr schleicht sich der Wunsch ein, die Welt ein Stückchen besser zu hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben. Früher haben wir das gerne behauptet, wenn andere Menschen um uns waren. Doch nun kommen diese Gedanken, wenn wir mit uns alleine sind – ohne Publikum.
Wenn wir Erfolge anstreben, agieren wir nachhaltiger. Wir ignorieren nicht mehr so leicht negative Konsequenzen für andere Menschen. Würden wir wissenschaftlich arbeiten, würden wir zerstörerische Effekte unserer Entdeckungen berücksichtigen. Sind diese potentiell zu gefährlich, würden wir sogar unsere Arbeit einstellen und damit unsere Fernwirkung über unseren unmittelbaren Erfolg stellen. Das ist in E5 fast undenkbar – naja, denkbar schon – aber in E5 bleiben wir trotzdem drauf.
In E6 wollen wir authentisch sein. Wir wollen uns mehr und mehr von den Stimmen und Wünsche der Welt lösen, ohne taub für sie zu werden – denn das wäre ja nur Ignoranz und keine Reife.
Wir hören die Ansprüche der anderen sehr wohl, doch es wird immer leichter nicht aus Trotz oder Pflichtbewusstsein zu agieren, sondern aus unserem eigenen Werte- und Verständnismodell der Welt. Es sind unsere Entscheidungen. Wir müssen dahinter stehen können. Dann sind wir in unserer vollen Kraft – und das spüren die Menschen um uns herum. Menschen in E6 bekommen eine andere Art der Ausstrahlung hinzu, wenn sie in sich bereits Sicherheit aufgebaut und in der Stufe gut angekommen sind.
Da die E6 eine absolute Schlüsselstufe ist und recht reichhaltig, wird es noch einen zweiten Blogbeitrag dazu geben. Für all jene, die Entwicklung anstreben, ist es hilfreich, ein gutes Gefühl für die nächste Stufe zu bekommen, sie geistig gut erschließen zu können, um dann sich leichter in sie hineinwagen zu können.